Donnerstag, 21. März 2013

Das Leben ändert sich

Es sind wieder einige Wochen vergangen.
Mein Großer ist inzwischen 3 Jahre alt geworden und meine volle Konzentration war auf diesen Geburtstag gerichtet. 


Es ist viel passiert seit dem letzten Eintrag hier.... Ich nehme jetzt seit einiger Zeit Antidepressiva, weil reden allein nicht mehr geholfen hat.
Es mindert die Trauer nicht oder macht den Schmerz besser, aber es hilft den Alltag zu meistern.


Sachen, die vorher nicht möglich waren, alltägliches, wie z.B. eine Spülmaschine aus-und einräumen, sind wieder machbar. Ich kann so vieles erledigen und es hilft mir einfach durch den Tag zu kommen. Plötzlich habe ich auch wieder eine Art "Schutzpanzer", der vieles abprallen lässt.
Dinge, die mich in den letzten Monaten schnell verletzt haben prallen wirklich ab. Es interessiert mich einfach nicht mehr. I


ch war in den letzten Monaten schnell gereizt und mies gelaunt. All das hat sich durch die Tabletten geändert. Erst jetzt ist mir bewusst geworden wie vielen Leuten ich durch mein Verhalten vor den Kopf gestossen habe und werde einige Gespräche führen müssen. Ich weiß, dass die meisten Verständnis haben, aber dennoch ist eine Entschuldigung angebracht. 


Ausserdem habe ich mit Hilfe meiner Psychologin gelernt (und lerne es immer noch) Menschen aus meinem Leben auszusortieren, die mir nicht gut tun, die es nicht ernst mit mir meinen, die keinen Anteil an unserem Leid nehmen wollen, die Samuel nicht "anerkennen" oder behaupten ich sei nach 8 Monaten immer noch zu sensibel und müsste langsam aufhören zu trauern.


Dafür umgebe ich mich mehr mit Menschen, die mich so mögen wie ich bin, die wissen, wie wichtig es mir ist normal mir dem Thema umzugehen und auch über Samuel reden, auch wenn er nicht mehr bei uns ist. Menschen, die mich glücklich machen, die mir Mut machen, die mich und meine beiden Kinder lieben.
Das ist das was ich brauche. Alle anderen sind nicht meine Freunde und werden es auch nie sein. Und das sind Dinge, die man lernen muss, damit es einem besser geht.


Ich habe viele Emails bekommen mit der Frage, wie ich es schaffe so mutig zu sein und wie ich aus dieser Trauerspirale rausgekommen bin. Ich bin es noch nicht ganz, aber ich nehme jede Hilfe an, die ich bekommen kann. Ich versuche Dinge positiv zu sehen, die ich vorher nicht geglaubt habe. Ich umgebe mich mit den richtigen und ehrlichen Menschen. Ich bin in Therapie und nehme Antidepressiva. Das ist meine Hilfe. Und das mache ich so lange bis ich irgendwann alleine zurecht komme. 


Tatsache ist, ich war ganz am Ende. Ganz am Boden. Tiefer als manch anderer jemals gefallen ist. Keiner kann nachvollziehen wie es ist, wenn die Welt plötzlich grau, leer und still ist anstatt bunt, voll und laut, wenn er es nicht selber mit erlebt hat.
Und ja, ich gebe es zu, es gab Tage und Momente in den letzten 8 Monaten, da war mir alles egal. Mein Mann, mein lebendiger Sohn, meine Familie.


Ich saß im Auto und habe überlegt gegen einen Baum zu fahren. Ich habe es nicht getan. Warum weiß ich bis heute nicht.


Vielleicht weil ich zu vielen anderen Menschen weh tun würde. Weil mein Sohn keine Mutter mehr hätte und der Schmerz genauso groß wäre wie meiner, weil mein Samuel nicht bei mir ist.


Ich habe diese Tatsache lange verdrängt, habe sie niemandem erzählt.
Warum? Weil ich selber über mich geschockt war. Weil ich geschockt war, was diese Trauerspirale mit mir macht, wie weit sie mit mir gehen kann.


Das war der Moment etwas zu ändern. Hilfe anzunehmen, mein Leben zu ändern. Nur noch Menschen an mich heranzulassen, die mich so nehmen wie ich bin. Einen Schutzpanzer aufzubauen um falsche Menschen, die mich unglücklich machen rauszuschmeißen, sie fern zu halten.


Denn ich bin wie ich bin. Mit meinem Ecken, Kanten, meinem Schicksal, mit meinen zwei Kindern. Und ich will nicht immer als Tabu gelten.


Ich war zweimal schwanger und ich habe zweimal ein Kind auf diese Welt gebracht. Ich bin durch die Hölle gegangen und dennoch wieder aufgestanden.


Ja, ich bin stark, auch wenn ich schwach bin. Und ja, ich bin mutig und veröffentliche das hier, weil ich weiß wie viele da draußen sind und diesen Mut brauchen um weiter zu kämpfen.


Kämpft! Auch wenn ihr noch kein Kind habt und das erste verloren habt. Kämpft! Irgendwann haltet ihr ein Baby in den Armen. Und es wird Euer glücklichster Moment sein, den ihr mehr als verdient habt.


Wir wissen mehr als andere, wir fühlen mehr als andere, wir sehen mehr als andere. Und unsere Kinder hätten nicht gewollt, dass wir einfach so aufgeben. Sie sind da irgendwo und passen auf uns auf.