Freitag, 21. Juni 2013

11 Monate

Nächste Woche sind es 11 Monate.


Wenn ich zurückblicke, weiss ich nicht wie ich das alles geschafft habe. Mir kommt es immer noch so vor als wäre es ein paar Wochen her.
Nun steht er bald an, der "große" 1. Geburtstag. Ich merke selber wie nervös mich das macht. ich bin sehr angespannt, empfindlich, vieles kommt wieder hoch... Ich habe immer noch keine Ahnung wie ich diesen Tag verbringe, ich weiß nicht was passiert. Ich will es auch nicht wissen. Irgendwie möchte man diesen Tag aus dem Kalender streichen, aber wäre das fair? Hat Samuel nicht trotzdem das Recht auf einen schönen Tag? Auch wenn er nicht bei uns ist? Habe ich nicht auch das Recht seinen Geburtstag zu feiern? Ich schwanke. Ich will und irgendwie will ich auch nicht. 


Momentan ist sowieso alles sehr schwer.... Die Beerdigung meiner Oma, wo alles hoch kam, Freunde um mich herum die ein Kind bekommen oder gerade eins auf die Welt gebracht haben. Die Absatzerscheinungen der Antidepressiva, die heftiger sind als alle Nebenwirkungen... Der Wunsch nach einem dritten Kind, aber die verdammte Angst dahinter!!! 


Heute kam sie mal wieder, die Fragen aller Fragen: Wollt ihr noch ein 2. Kind?
Kurze Überlegung: Sagen oder nicht sagen, dass bereits ein 2. Kind vorhanden ist, aber nicht hier. Ich habe mich für letzteres entschieden. Ganz bewusst. Weil ich weiß, wenn ich nichts sage geht es mir noch schlechter.


Ich spreche das alles offen aus, rede darüber, weil es so ist wie es ist. Ich vertrete immer noch die Meinung, dass dieses Kind da ist, wenn auch nicht hier. Es gibt dieses Kind. Es wurde geboren. Ich habe Samuel gesehen und ich habe ihn gestreichelt und geküsst. Warum soll ich das nicht sagen?


Und was kam als Antwort: Ach, Du auch? Wir haben so einen Fall auch in unserer Familie. Wer nicht?! frage ich mich langsam. Und warum, verdammt noch mal, macht keiner den Mund auf? Warum ist das so ein geheimer Club? Warum müssen Menschen darunter leiden und trauen sich nichts zu sagen, nur weil es ein Tabu ist?! Diese Frage beschäftigt mich seit einem Jahr und wird mich mein Leben lang beschäftigen. Ich werde so lange meine Geschichte erzählen und so lange kämpfen bis es kein Tabu mehr ist.


Mein Kind hat gelebt. Es gibt ihn. Und ich will das auch sagen. Ich kann keine Bilder zeigen, oder Details erzählen, aber ich kann sagen: Ich habe zwei Kinder! Ich bin zweifache Mutter. Hört mir zu und lernt wie kurz das Leben ist. Geniesst das was ihr habt. Und seit ab und an etwas vorsichtiger.


Wie gesagt, ich sehe die Dinge anders. Vielleicht auch manchmal zu krass, aber das steckt jetzt nun mal drin und das kann ich nicht ändern. Ich rede mir immer noch ein ich hätte vieles anders machen können, vielleicht würde mein Kind dann noch leben. Ich weiß selber, dass das Quatsch ist, aber der Gedanke ist da. Und er quält mich täglich. Ob das je aufhören wird?


Manchmal denke ich, dass ich ganz schön tapfer und mutig bin. Und manchmal frage ich mich, ob das alles Sinn macht? Mache ich das alles richtig? Ist es richtig, das alles so öffentlich zu machen? Helfe ich anderen wirklich damit? 
Oder mache ich mir selber was vor? 


Mein Leben ist weiterhin eine Achterbahn: Hoch und runter mit einer rasenden Geschwindigkeit. Und ich stehe daneben und schaue zu.... 


2 Kommentare:

  1. Liebe Sternekind- Mama

    es erschaudert mich immer zu wenn ich Zeilen von dir lese.Man kann deinen Schmerz richtig fühlen und ich bin mir sicher das was bei mir ankommt ist nur ein bruchteil von dem was für ein chaos in dir herrscht.
    Ich selbst bin zum glück nicht von so einem Schicksalsschlag gebeutelt und durfte ein gesundes kind zur welt bringen,doch meiner freundin erging es auch so wie dir und vielen anderen.das leid welches sie aushalten muss lähmt mich fast.Ich weiß es gibt keine worte für so eine furchtbare situation schon gar nicht von mir als mama eines 3 monate alten babys...aber in einem punkt bin ich 1000 prozentig überzeugt dass es stimmt was ich sage: JA,ES IST GUT ES ÖFFENTLICH ZU MACHEN,JA DU HILFST SICHER ANDEREN BETROFFENEN DAMIT!!!
    und solange du einen weg gefunden hast dein schicksal so zu verarbeiten,anzunehmen, ist es doch völlig in ordnung darüber zu schreiben.
    wer immerzu schlimme oder unerfreuliche dinge verschweigt belügt sich nur selbst und das kommt irgendwann auf irgendeine weise wieder zurück.
    ich wünsche dir alle kraft der welt besonders auch für den gefürchteten ersten geburtstag.ich bin mir sicher an dem tag wirst du wissen was du tun möchtest und es wird das richtige sein!
    Alles Liebe für dich
    A

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  2. Liebe Sternenkind-Mama,
    ich bin heute durch Zufall auf Deinen Blog gestoßen. Vor knapp 3 Wochen habe ich meinen Sohn Jakob still geboren und es geht mir einfach schrecklich! Ich habe kein lebendes Kind und es hat ziemlich lange gedauert, bis ich schwanger geworden bin...das Glück war riesig und zum greifen nah, als wir von der Schwangerschaft erfuhren. Meine ganze Schwangerschaft war anstrengend und ich erhielt eine schlechte Botschaft nach der anderen...und trotzdem war ich glücklich meinen Sohn in mir zu haben, sein kleines Herz hat in mir geschlagen und ich liebte ihn von Anfang an so sehr!!! Mein Kind war sehr krank und trotzdem konnten wir uns nicht zu einem Schwangerschaftsabbruch durchringen. Jedes Mal, wenn wir seine Händchen gesehen haben und sein schlagendes Herz war uns klar, dass eine Abtreibung nicht in Frage kommt. Das Schicksal nahm aber seinen Lauf und in der 20 Woche ist mir die Fruchtblase geplatzt, mit ihr auch unser Traum von einer kleinen Familie. Ich danke Dir sehr für diesen Blog, denn in mir schreit es die ganze Zeit, ich habe keine Tränen mehr und weiß einfach nicht mehr weiter. Viele meinen, dass ich jetzt schon normal sein müsste, schließlich sei die 20. Schwangerschaftswoche noch nicht soo weit und wir können ja noch Kinder bekommen (ja, so reden Menschen mit uns). Menschen von denen ich roher dachte sie seien gute Freunde sind auf einmal zu Fremden geworden. Ich hoffe, dass ich irgendwann aus diesem Loch rauskomme, Momentan ist alles schwarz...

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