Mittwoch, 5. September 2012

Es geht weiter!

Nachdem 6 Wochen vergangen sind habe ich nun meinen Alltag halbwegs wiedergefunden.


Ich habe mir die Tage durchgeplant und einen Wochenplan erstellt.
So komme ich nicht ins Grübeln, nichts bleibt liegen und ich renne der Zeit nicht mehr hinter her.
Es füllt mich aus, mein Sohn hat auch Spaß und nichts bleibt liegen und staut sich an, was mich dann ägern könnte.


Und doch nehme ich mir Zeit zu trauern, dann wenn ich sie brauche. Dann bin ich eben nicht erreichbar für jeden und gebe mich meiner Trauer einfach hin.


Ein Tag in der Woche ist vormittags für den Friedhof reserviert. Ich muss einfach mindestens einmal die Woche dort hin meinen kleinen Engel besuchen!


Mal ist es einfach dort hinzugehen und manchmal sehr, sehr schwer. Ich weiß nie wann mich die Welle der tiefen Trauer überschwemmt. 


Kürzlich saß ich im Auto und hab Radio gehört. Ein Lied, dass ich seit 1997 immer mitsinge. Immer. Ich habe den Text so oft gesungen und nie verstanden. Doch in diesem Moment, im Auto, hab ich ihn verstanden.
Und die Welle packte mich und zog mich ganz tief auf den Boden des Ozeans der Trauer.


Ich bin auf einen Parkplatz gefahren und habe nur geweint. So geht es mir mittlerweile ganz oft. Ich nehme Texte anders wahr, höre Musik anders, sehe Filme mit anderen Augen.
Ich sehe die Menschen teilweise anders, sehe in ihren Gesichtern Züge, die ich vorher nie gesehen hatte und weiß nun wer Freund und Feind ist. 


Viele sprechen nicht mehr mit mir oder meiden mich, weil ich nicht in ihre kleine heile Welt passe.
Viele sagen ich würde nicht genug trauern, dabei wissen sie nicht wie es in mir aussieht. Aber auch das ist mir egal.


Früher hätte mich das geärgert. Und jetzt? Ist es mir egal! 


Ich möchte meine Zeit nicht mit Leuten verschwenden, die sich nicht für mich interessieren. Dafür ist das Leben einfach zu kurz.
Wenn sie sich ehrlich für mich interessieren würden, würden sie so etwas nämlich nicht sagen, sondern versuchen zwischen den Zeilen zu lesen und hinter die Fassade zu blicken. 


Ich habe das Glück schon ein Kind zu haben und warum soll ich für ihn nicht stark sein? Warum soll ich mit ihm keinen Spaß haben? Er muss das nicht ausbaden! Er muss nicht mitbekommen was in mir vorgeht. Er wird das alles früh genug erfahren und begreifen warum er keinen Bruder mehr hat.


Ich geniesse jede Sekunde mit diesem Kind. Weil ich es liebe und er mich braucht und das lass ich mir von nichts und niemandem kaputt machen.


Ich habe die ganze Zeit über kein schwarz getragen. Ich wollte und will es nicht. Auch nicht auf der Beerdigung. Ich war bunt angezogen. Mit Schmetterlingen auf meinem Shirt. Weil es mein Sohn war, der beerdigt wurde.
Er hätte nicht gewollt, dass wir alle so trist dort stehen.
Deswegen durfte keiner schwarz tragen. Und es wollte auch keiner schwarz tragen. 


Ich mag es nicht deswegen kritisiert zu werden und dass man mir sagt ich würde nicht genug trauern.
Jeder trauert anders.
Und keiner, der diesen schweren Weg nicht gegangen ist, weiß wie er reagieren und trauern würde.


Ich mag auch diese bemitleidenden Blicke nicht.
Es gibt Frauen, die gucken nur und sagen nichts. Das macht mich wahnsinnig!!!!


Dann gibt es welche, die sagen einfach nichts und reden normal mit einem. Das ist herrlich!
Ich brauche das manchmal so sehr und sie geben mir das Gefühl von Normalität. Das ist in manchen Momenten besser als alles andere.


Und wenn man nicht weiß was man sagen soll, sollte man es lassen und auch die Blicke unterlassen, auch wenn es manchen vielleicht schwer fällt.
Ich weiß, dass viele es nicht böse meinen, aber es kommt sehr merkwürdig rüber. 


Morgen ist es 6 Wochen her.... 6 lange Wochen... Aber ich denke, ich habe einen ganz guten Weg für mich gefunden um wieder in den Alltag zu finden. 

3 Kommentare:

  1. ich finde das wunderschön das ihr bunt getragen habt...wir haben weiß getragen was viele auch sehr kritisch beäugt haben aber es ist unser kind gewesen und es ist unser weg den wir gehen.....am samstag steht unsere hochzeit an und wir werden kein weiß tragen, weil wir es nicht möchten....mittlerweile ist es mir so egal was andere sagen, ich und meine familie gehen den weg und zwar so wie wir ihn gehen wollen und nicht wie andere ihn haben möchten und wer das nicht versteht bzw. respektiert der darf von meiner kostbaren zeit nichts mehr abhaben........
    Es ist so wahr was du schreibst....ich erkenn mich in fast jeden einzeln satz wieder und das tut gut zu wissen es gibt auch andere frauen die genauso fühlen wie ich wobei es auch gleichzeitig wieder weh tut da sie das selbe schicksal erlitten haben.....ich danke dir für deine ehrlichen Worte.....
    Manchmal hab ich so einen Schub wo ich es positiv sehe da ja eigentlich alles was passiert einen grund hat und ich glaube es ist wirklich so, du schaffst mit deinen Block das mehr über das Thema Sternenkinder gesprochen wird und es kein Tabuthema mehr ist und ich versuche es auch gerade in meinen Ort...für unser Bestattungshaus möchte ich Teddybären sammeln um jeden Sternenkind einen kleinen Teddybär zu ermöglichen, wo die eltern dann entscheiden können ob sie ihn mit ins grab legen oder ihn zu Hause bei sich behalten möchten....ich glaube unsere Kinder sind stolz auf uns

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  2. Die Idee mit den Teddybären ist wundervoll! Mach das!
    Ich denke auch, dass unsere Kinder stolz auf uns sind. Vor allem weil wir doch irgendwie stark sind...

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  3. ich habe festgestellt, dass viele leute mich nicht ansprechen trauen, dafür werde ich angestarrt bzw. richtig mit den blicken verfolgt. sie verstehen aber nicht, dass das für mich teilweise noch schlimmer ist als wenn sie mich ansprechen würden.

    ich trage seit jenem tag nur schwarz. mir geht es einfach schlecht und das zeige ich auch nach außen. ich wurde drauf angesprochen, warum ich nicht was buntes trage. aber mir ist einfach nicht danach. bunt bedeutet für mich fröhlichkeit und das bin ich einfach nicht. andere - so wie ich hier lese - tragen bunt oder weiß. aber so wie ihr mißtrauisch beäugt werdet deswegen, so ergeht es auch mir. sieht man wieder, egal wie man's macht, andere haben immer was zum aussetzen. das kann uns aber egal sein.

    es sind morgen 13 wochen und der schmerz ist nach wie vor beherrschend. ich besuche jeden tag das grab meines sohnes, sofern mir das dienstlich möglich ist. es schmerzt ebenso, wenn ich einen tag nicht hingehen kann. dann ist gleich ein schlechtes gewissen da. trost finde ich in basteln für meinen kleinen und beim kuscheln mit seinem stofftier.

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